Als Sohn von Altbundeskanzler Helmut Kohl, der mit dem Vater gebrochen hat, gehörten Walter Kohl zuletzt bei dessen Beerdigung im Sommer 2017 die Schlagzeilen. Am Samstag, 22. September, spricht der 55-Jährige beim Männertag im Ludwigsburger Kulturzentrum (9.30 bis 17 Uhr) über Versöhnung. Leonhard Fromm hat mit dem Unternehmer, Autor, Redner und Coach im Vorfeld gesprochen.
Herr Kohl, Lebensgestaltung ist für Sie ein zentraler Begriff. Wie praktizieren Sie diese?
WALTER KOHL: In dem ich versuche, durch innere Klarheit und den Willen zu eigenen Entscheidungen mein Leben so zu gestalten, dass ich zu mir stehen kann. Wichtige Kraftquellen sind dabei der Friede mit der eigenen Biographie sowie sinnhaftes Tun.
Als Referent und Autor sprechen Sie von drei Freundschaften. Welche meinen Sie damit?
KOHL: Damit meine ich zunächst die Freundschaft mit sich selbst, oft die herausforderndste, schwierigste Art der Freundschaft. Dann die Freundschaft mit anderen Menschen und schließlich die Freundschaft mit Gott, oder für jene die keine Lust auf Gott haben, die Freundschaft mit der eigenen Spiritualität. Diese drei Freundschaften bauen aufeinander auf. Ich denke, dass ohne eine gewisse Freundschaft mit sich selbst die beiden nächsten Stufen so gut wie unmöglich sind.
Was hat es mit Ihrem Freund Felix auf sich, der bei Vorträgen neben Ihnen sitzt?
KOHL: Felix ist im wahrsten Sinne ein Holzkopf (lacht). Im Ernst, die Skulptur symbolisiert meine Überzeugung, dass wir stets in drei Zeitzonen zugleich leben: die Vergangenheit, die wir als Ballast oder auch als Kraftquelle in uns tragen. Die Zukunft mit unseren Sehnsüchten und Zielen und schließlich die Gegenwart, in der wir unser Leben gestalten können. Als Freund erinnert Felix mich, dass ich mich in allen drei Zeitzonen des Lebens immer wieder hinterfragen und klären muss. Felix mahnt: Carpe Diem, nutze die Gegenwart; verliere dich nicht in Träumereien über die Zukunft oder in Selbstmitleid bezogen auf Vergangenes.
Wie wichtig ist Ihnen Ihr katholischer Glaube an Gott?
KOHL: Mir ist mein christlicher Glaube an Gott sehr wichtig. Katholisch, Evangelisch, Orthodox etc. das sind doch menschengemachte Kategorien, die gewissen geschichtlichen Bedingungen entspringen. Ich denke, dass die Kernbotschaften des Christentums im Mittelpunkt unseres Glaubens stehen sollten und dass wir uns nicht in Formalismen verkämpfen sollten, z. B. wer darf wann wie zum Abendmahl.
Wie haben Sie es geschafft, nicht mehr nur „der Sohn von Helmut Kohl“ zu sein?
KOHL: In dem ich meinen Umgang mit meiner Vergangenheit und meine Herkunft befriedet habe und zu meinen Wurzeln, auch wenn es manchmal schwer ist, stehe. Ich gehe meinen eigenen Weg und auf diesem Weg ist auch Platz für meine Herkunft.
Womit hat Ihre Veränderung begonnen und wie sind Sie in die Versöhnung gekommen?
KOHL: Nach dem Suizid meiner Mutter im Juli 2001 und der zeitgleichen Katastrophe der CDU Parteispendenaffäre brach mein altes Leben mit fast 40 Jahren zusammen. Von der Wucht der Situation überfordert, spürte ich, dass meine alten Wege und Antworten perspektivlos waren, dass ich an einer Wegscheide stand: Gehe ich den Weg meiner Mutter oder finde ich neue Antworten? Dann habe ich neue Antworten gesucht und viel Hilfe in der Logotherapie, bei den Stoikern wie Seneca, Epiktet und Marc Aurel sowie in meinem neuen Glaubensverständnis gefunden.
Sie kommen aus Rußland nach Ludwigsburg. Was haben Sie dort gemacht?
KOHL: In Moskau durfte ich am Weltkongress der Logotherapie teilnehmen und einen Vortrag halten.
Wie muss ich mir überhaupt Ihren Tag, Ihre Woche, Ihr Jahr vorstellen: Was machen Sie als Unternehmer, Autor, Redner?
KOHL: Schwierige Frage (lacht), denn mein Leben hat wenig Routine. Ich arbeite an Projekten, sei es ein Buch, ein Coaching oder ein Vortrag. Mein Leben ist da sehr spontan und abwechslungsreich und das schätze ich sehr.
Was dürfen die Männer in Ludwigsburg von Ihrem Vortrag erwarten?
KOHL: Wir haben einen ganzen Tag zusammen und werden viele Themen der Lebensgestaltung praxisorientiert aus männlicher Sicht bearbeiten. Ich werde einige kurze Impulsvorträge halten, aber den Schwerpunkt bildet eine spannende, unterhaltsame, gemeinsame Arbeit. Dabei soll auch viel gelacht werden. Humor ist ja bekanntlich das beste Schmiermittel der Seele.
Mehr Information zum Vortrag von Walter Kohl in Ludwigsburg findest du hier ->
Biographie:
Walter Kohl studiert Geschichte und VWL. Nach Tätigkeiten im Investment Banking in New York arbeitete er mehr als zehn Jahre als Manager in deutschen Großunternehmen. Von 2004 bis 2018 führt er mit seiner Frau einen deutsch-koreanischen Zulieferer für die Automobilindustrie.
Dank seiner existenziellen Lebenskrise 2002/3 entdeckt er für sich neue Kraft und inneren Frieden durch den Weg der Versöhnung sowie den Gedanken der sinnzentrierten Lebensführung. Es ist sein Herzensanliegen, andere Menschen auf ihrem Weg zu mehr Selbstbewusstsein und Lebensfreude und einem selbstgestalteten Leben zu unterstützen. Seit 2012 ist er Referent und Coach. Kohl ist Autor des Bestsellers „Leben oder gelebt werden“ 2011 und des Praxisbuches „Leben was du fühlst“ 2013. Mit Pater Anselm Grün veröffentlicht er 2014 das Buch „Was uns wirklich trägt“. www.walterkohl.de
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