Interview mit Dipl-Psych. Alf von Kries, Wiesbaden
Was ist eine sinnvolle Reaktion auf die Diagnose Krebs als Mann?
Am Anfang steht immer die umfassende Information und die Auswahl des Fachmanns, was die Behandlung und Therapien betrifft, das richtige Wissen und das richtige Tun. Als verantwortlicher Mann will ich aber auch für mein inneres Erleben Verantwortung übernehmen, meine Gedanken, Sorgen, Gefühle, Ängste. Als Mann bin ich eher unerfahren und ungeübt damit.Umso mehr muss ich mich aktiv darum bemühen und wenigstens ein Gespräch mit einem Menschen meines Vertrauens oder mit einem Psychoonkologen führen. Das gehört auch an den Anfang der Behandlung und immer wieder im Verlauf. Eine Krebserkrankung ist kein Störfall den „Mann“ mit einem Spezialisten beseitigt. Es ist eine Herausforderung an den ganzen Mann.
Wie stelle ich mich der eigenen Erkrankung als Mann?
Die Herausforderung Krebs erfordert zum einen die innere Auseinandersetzung, etwas was ich mit mir selber ausmache. Der Alleingang ist dem Mann eher vertraut. Es erweist sich aber als sehr wichtig für den Verlauf und den Erfolg der Behandlung, dass „Mann“ sich auch mitteilt. Dass er Einblick gibt was ihn bewegt und beschäftigt, auch belastet. Seine Gedanken, Einstellungen und sein Umgang mit den, in der Situation normalen Ängsten, können zusätzliche Impulse und Kräfte freisetzen, die für die Behandlung gebraucht werden. Das kostet Mut und Überwindung. Naheliegend ist dies Gespräch mit dem behandelnden Arzt zu führen. Zum Üben kann „Mann“ mit dem besten Freund beginnen. Ein außenstehender Fachmann, ein Psychoonkologe, kann in seiner Anonymität vielleicht unverfänglicher, weniger riskanter sein.
Wie nutze ich als Mann die Hilfe eines Psychoonkologen?
Ein Psychoonkologe, kann dem Mann unterstützen sich selbst besser zu verstehen, mit sich selbst vertrauter zu werden um die Behandlung und die Therapien erfolgreicher zu meistern. Die jeweils eigenen Gedanken, Gefühle, Verunsicherungen und Irritationen können besser in ihrem Zusammenspiel gesehen und damit besser eingeordnet werden. In der Verbindung von Verstand und Herz steigert sich Sinnhaftigkeit und die Qualität der bewussten Selbststeuerung für das eigene Tun (Hand auf´s Herz). Das gilt im Besonderen für den Umgang und das Erleben des eigenen Körpers. Der Körper wird nicht mehr nur als ein „Werkzeug“ erlebt, das zu funktionieren hat, sondern er kann als ein empfindsamer und zu pflegender Teil der eigenen Person angenommen werden.Als Mann lieber zu einem männlichen Psychoonkologen gehen?
Das ist entsprechend wie bei den Frauen. Sehr persönliche und intime Themen werden leichter mit einem Gegenüber des gleichen Geschlechts besprochen. Das gilt im Besonderen bei einer Prostataerkrankung.
Gibt es eine typisch männliche Verahltensweise in der psychoonkologischen Betreuung, die sich bewährt hat?
Das spezifische was Mann und Frau unterscheiden ist eher die Art und Weise der Kontaktaufnahme. Wenn es zu einem Gespräch kommt, dann wächst das Vertrauen zum Gegenüber beim Mann eher durch den anfänglichen Austausch über Alltagsdinge seines Lebens und seiner Arbeit. „Mann“ will den anderen erstmal einschätze können, taxieren. Wenn dann erste Gemeinsamkeiten gefunden sind tauchen auch nach und nach die persönlichen und emotionaleren Aspekte auf. Dann scheint es auch manchmal hilfreich, wenn die Dinge die im Raum stehen relativ schnell beim Namen genannt werden, das Drumherumreden schreckt eher ab, kein Geschwafel bitte, da ist der Psychoonkologe gefordert. Die zentralen Themen und Aufgaben einer psychoonkologischen Versorgung sind bei Männer und Frauen gleich.Tipps für den betroffenen Mann?
- eine sorgfältige Wahl des behandelnden Arztes
- eine Person des Vertrauens sich an die Seite nehmen
- wichtige Gespräche immer zu zweit
- zweigleisig fahren: dem Fachmann vertrauen – selber entscheiden und steuern
- für das eigene Innenleben sorgen, Mut zur Offenheit
- neben der Therapie das eigene Leben bewusst gestalten, für Lebensqualität sorgen
- psychoonkologische Beratung nach Bedarf nutzen
Ein Psychoonkologe ist:
Ein therapeutisch geschulter Fachmann der sich mit den seelischen und zwischenmenschlichen Aspekten einer Krebserkrankung und ihren Behandlungen auskennt.
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Alf von Kries
Hinterlasse jetzt einen Kommentar