Das Thema “Aussöhnung mit dem Vater” empfinde ich als Männer-Coach derart wichtig, dass ich es bei der Definition meiner 4 Basics des Mannes zuallererst gesetzt habe.
Warum ist das so?
Weil jeder Mann einen Vater hat, aber die wenigsten Männer schon völlig klar und ausgesöhnt mit ihrem Vater sind.
Ich brauche nur die Frage zu stellen: “Was fühlst du, wenn du an deinen Vater denkst?”
Männer spüren dann meist:
- Wut und Groll
- Hass
- Kälte
- Gleichgültigkeit
- Taubheit
- Trauer
- Schmerz
Ganz selten spüren Männer Gefühle wie Freude, Dankbarkeit, Wertschätzung oder gar Liebe.
Viele Männer haben ihren Vater emotional ausgesperrt und unterhalten keinen Kontakt mehr mit ihm. Andere Männer vermeiden den Kontakt so gut es geht.
ABER!
Der Vater stellt eine wichtige Ressource im Leben eines Mannes dar!
Energetisch sollte der Vater im Familiensystem hinter dem Mann stehen und ihm sozusagen den Rücken freihalten und stärken.
Durch die vom Vater ausgehenden Verletzungen in der Kindheit ist es zu negativen Glaubenssätzen gekommen, wie z.B.:
- Ich bin nicht gut genug.
- Ich bin wertlos.
- Ich werde es nie schaffen, meine Ziele zu erreichen.
- Ich bin ein Loser.
Auch wenn Männer sich dessen nicht unbedingt bewusst sind, spielt der Vater im Leben eines Mannes eine wichtige Rolle.
Veit Lindau sagt dazu: “Eine klare und geheilte Beziehung zu deinem Vater ist wesentlich, um allen Männern authentisch und frei begegnen zu können. Denn dein Vater war der erste Mann in deinem Leben. Deine Urteile über ihn haben deine Beziehung zu Männern entscheidend geprägt – inklusive deiner Beziehung zu dir selbst.”
Wenn du deinen Vater ablehnst, dann lehnst du auch dein Mannsein ab.
Wenn du mit deinem Vater noch nicht im Frieden bist, bist du auch nicht im Frieden mit dir selbst und der Welt.
Dein Vater war dein erstes Vorbild als Mann. Von ihm hast du dein Selbstverständnis als Mann gelernt.
Sieben Schritte zur Aussöhnung mit dem Vater!
Schritt 1
Sehr oft haben Männer das Leid, das sie durch den Vater erlitten haben verdrängt. Manche haben den Vater aus ihrem Leben ausgeschlossen oder erfahren bei jeder Begegnung mit ihm neues Leid und Verletzungen.
Der erste Schritt besteht darin, alle Vorwürfe, Schmerzpunkte und negativen Glaubenssätze in Bezug auf den Vater zu erkennen. Es ist sehr heilsam, wenn der Mann zudem erkennt, dass es verdammt noch mal nicht in Ordnung war, wie der Vater sich verhalten hat.
In dieser Phase wird dem alten Schmerz Raum gegeben und es ist auch erlaubt, die negativen Seiten des Vaters zu benennen.
Schritt 2
Nachdem der Sohn die negativen Aspekte des Vaters ans Licht geholt hat, folgt der nächste Schritt. Dieser besteht darin, dass der Sohn die eigenen Bedürfnisse und Ansprüche an den Vater identifiziert.
Der Sohn hat in der Kindheit unbewusst oft das negative Verhalten des Vaters auf sich bezogen. “Es muss an mir liegen, dass ich nicht bekomme was, ich mir wünsche und was ich brauche“, ist ein häufiger Glaubenssatz, der tief im Unterbewusstsein verankert ist.
Deshalb ist es wichtig, dass der Sohn im zweiten Schritt seine eigenen Bedürfnisse benennt. Es ist ein großer Schritt in Richtung Aussöhnung und Heilung, wenn der Sohn sich allen Bedürnissen bewusst wird.
“Ja, es ist in Ordnung und normal, wenn ich mich nach Liebe, Anerkennung, Aufmerksamkeit, Nähe, Fürsorge etc. gesehnt habe.
Ja, das Verhalten meines Vaters war nicht in Ordnung.”
Schritt 3
Nachdem der Sohn sich seine Bedürfnisse angeschaut und sich selbst erlaubt hat zu ihnen zustehen, ist er bereit sich das Leben und die Lebensumstände seines Vaters anzuschauen.
Hier kann der Sohn erkennen, dass der Vater beispielsweise nicht nur der böse Schattenvater oder der Schwächling war, (es gibt natürlich noch mehr negative Vatertypen, die ich in diesem Artikel beschrieben habe) für den er ihn gehalten hat.
Der Vater hatte seine eigenen Probleme und ist in einer Zeit groß geworden, deren Umstände sich der Sohn möglicherweise gar nicht vorstellen kann. Er hatte schlimme Zeiten im Krieg oder in der Nachkriegszeit erlebt und meist auch mit individuellen Schicksalsschlägen zu kämpfen.
Er hat in eine Zeit gelebt, wo Mannsein noch völlig anders definiert war und, wo es nicht erlaubt war Gefühle zu zeigen. Er hat in einer Zeit gelebt, wo er meist nicht die Möglichkeit zur Persönlichkeits-Entwicklung hatte. Damals ging es oft ums nackte Überleben.
Der Sohn sieht den Vater und dessen prägenden Lebensumstände nun in einem anderen, realistischeren Licht. Er erkennt warum der Vater sich so verhalten hat.
Der vielleicht wichtigste Aspekt dieses Schrittes aber ist, dass der Sohn erkennt, dass das negative Verhalten des Vaters nichts mit ihm zu tun, sondern seine Ursprung in den persönlichen Problemen des Vaters hatte.
Schritt 4
Durch diese Erkenntnis ist der Sohn nun in der Lage zu verstehen, warum der Vater so war, wie er war. Auch wenn die eingangs beschriebenen negativen Gefühle in Bezug auf den Vater noch spürbar sind, kann jetzt ein neues positives Gefühl enstehen.
Der Sohn ist jetzt in der Lage, auch Mitgefühl für den Vater zu entwickeln.
Schritt 5
Jetzt, nachdem der Sohn Mitgefühl für seinen Vater empfinden kann, ist er bereit für den nächsten Schritt.
Er wird sich bewusst, welche schädlichen Auswirkungen die Ablehnung des Vater und der Widerstand gegen ihn für ihn selbst hat. Er kann dem Vater alles zurück geben, was er für ihn bisher energetisch getragen hatte. Dadurch befreit er sich selbst von einer schweren Last und wird nun in Zukunft lebendig und kraftvoll sein Leben gestalten können.
Schritt 6
Jetzt ist der Sohn in der Lage, seinem Vater zu vergeben.
Wichtig ist hierbei: durch die Vergebung wird das Verhalten des Vaters nicht im Nachhinein legitimiert.
Sein Verhalten war, ist und bleibt dysfunktional.
Allerdings ist der Sohn jetzt in der Lage, seinen Vater anders zu sehen. Er war ein Mensch mit Stärken und Schwächen, der vermutlich versucht hat sein Bestes zu geben, auch wenn er durch seine Lebensumstände nicht zu mehr in der Lage war.
Schritt 7
Durch die Vergebung ist die Aussöhnung mit dem Vater abgeschlossen.
Der Sohn kann nun die heilende und kräftigende Energie spüren, denn er hat seinen Platz in der männlichen Ahnenreihe eingenommen. Er hat jetzt die Möglichkeit, sein volles Potential als Mann und Mensch zu entfalten.
Fazit
Ich habe dir mit diesem Artikel aufgezeigt, wie die Aussöhnung mit dem Vater gelingt. Es geht also nicht darum, dich mit deinem lebenden, realen Vater zu versöhnen. Das würde auch nicht immer funktionieren, dann dazu gehören zwei. Dein Vater wird möglicherweise nicht dazu bereit sein, sich mit dir konstruktiv auseinander zu setzen.
Es geht nur um dich und um dein Leben.
Die Aussöhnung mit dem Vater macht ein Mann nur für sich, für seinen inneren Frieden.
Diese Form der Aussöhnung kann also auch gelingen, wenn du gar kein Kontakt mehr mit deinem Vater hast oder er bereits verstorben ist.
Was allerdings passieren kann, ist, dass sich das Verhältnis zum lebenden Vater verbessert. Da energetisch sehr viel verändert wurde, hat das möglicherweise auch positive Auswirkungen auf den Vater.
Ich habe dir mit diesem Artikel sehr viele Informationen gegeben, wie die Aussöhnung mit dem Vater gelingen kann. Mehr musst du im Grunde nicht wissen.
Die Aussöhnung mit dem Vater ist, je nach Schwere der Verletzungen, nichts was man so nebenbei machen kann. Ich selbst habe viele Jahre an diesem Thema gearbeitet. Diesen Prozess habe ich hier beschrieben. Allerdings waren mir diese 7 Schritte noch nicht bekannt und ich musste viele Umwege gehen, bis ich meinen damals bereits verstorbenen Vater als nährende Kraft in meinem Leben spüren konnte.
Wenn du diesen Weg schneller gehen wilst, dann hole dir professionelle Hilfe und dann vereinbare mit mir ein kostenloses Erstgespräch.
Ich freue mich, von dir zu hören. Aho!
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Also, mal abgesehen davon, dass, wie du dann ja auch in einer Antwort auf einen Kommentar nebenbei anmerkst, zu einer realen Aussöhnung immer zwei gehören (wäre vielleicht sinnvoll das, in deinem Artikel gleich am Anfang zu erwähnen), ist es natürlich so, dass auch eine “innere Versöhnung” keineswegs immer sinnvoll ist.
Und es macht einen Mann auch nicht mehr oder weniger männlich, wenn man “seinen Platz in der Ahnenreihe” dankend ablehnt.
Ich muss als Mann auch nicht alles von meinem Vater verstehen, ich muss auch kein Verständnis entwickeln. Vergebung ist keineswegs immer sinnvoll, es darf auch kein gepflegter Zorn da sein, sogar eine totale Ablehnung. Auch für den Rest des Lebens.
Was ich verstehen muss, ist das, was meine Erfahrungen mit meinem Vater und in dem Familiensystem, in dem ich aufgewachsen bin, mit mir gemacht haben. Das ist alles. Um das umzusetzen, was du dir hier vorstellst, müßten sehr genaue Informationen über die Kindheit des Vaters und dessen erleben seiner Kindheit vorliegen. Das ist bei zerrütteten Beziehungen meiner Erfahrung nach praktisch nie der Fall. Und dann müsste das Kind praktisch eine Analyse über das Leben des Vaters machen. Welch eine sinnlose Zeitverschwendung! Es geht einzig um das eigene Leben und Erleben. Warum Vater und Mutter sonstwie agiert haben ist völlig unerheblich, das herauszubekommen ist deren Aufgabe, nicht die der Kinder.
Lieber Matthias, danke für deinen Kommentar.
Ich unterscheide zwischen Aussöhnung und Versöhnung. Bei der Versöhnung braucht es beide beteiligte. Die Aussöhnung macht ein Mann nur für sich, für seinen inneren Frieden. Der Vater wird dabei nicht benötig, er kannn sogar bereits verstorben sein.
Wenn du dich mit deinem “gepflegten Zorn” wohl fühlst, dann ist das für mich völlig ok. Ich möchte dir nicht deinen Zorn nehmen.
Mir ging es früher auch so, dass ich meinen Vater abgelehnt habe und ich dachte: Mit dem Arschloch will ich mich gar nicht versöhnen.
Bei mir hat es mehrere Jahre und einige Sessions zu diesem Thema gedauert und ich kann mittlerweile den Unterschied deutlich fühlen.
Hier kannst du meine eigene Geschichte lesen.
Mein-vater-den-ich-nicht-sehen-wollte
Ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem Weg als Mann und Sohn.
Liebe Grüße Tom
Darf ich fragen, wie der innere Frieden gelingt, wenn der real existierende Vater sich weiterhin verletzend gegenüber dem Sohn verhält? Diese innere Versöhnung muss doch in diesem Moment verpuffen.
Lieber Andreas,
um diese Frage in Bezug auf dich zu beantworten fehlen mir noch viele Informationen.
Die Aussöhnung mit dem Vater kann eine sehr komplexe Angelegenheit sein, die man nicht nebenbei machen kann.
Ich kann dir hier nur sagen, dass es funktioniert. Mehr ist in diesem Rahmen der Beitrags-Kommentare nicht möglich.
Du kannst gerne ein kostenloses Erstgespräch mit mir vereinbaren.
https://www.einfach-mannsein.com/deine-basics-als-mann/die-aussoehnung-mit-dem-vater/
Liebe Grüße Tom
Dieses 7 Schritte-Modell ist schön beschrieben. Wenn jedoch körperliche Gewalt oder psychische Erniedrigung einem widerfahren ist und der Vater bis zum heutigen Tag sich nicht geändert hat und das gleiche destruktive Verhalten an den Tag legt, wird kein Modell helfen können. Eine Aussöhnung ist keine Einbahnstraße, sondern dieser Schritt muss gemeinsam gegangen werden.
Lieber Andreas, genau das ist aber der Trugschluß dem viele Männer erliegen. Es geht bei der Aussöhnung mit dem Vater nicht darum, sich mit dem real-existierenden Vater auszusöhnen. Das wäre natürlich der Idealfall. Aber dazu gehören immer 2. Wenn der Vater nicht bereit ist für die Versöhnung, dann wird das nicht gelingen.
Es gibt aber, und das ist die wichtigere, die Aussöhnung für den Sohn selbst. Er kann sich von denn negativen Energien und Verletzungen durch Vater befreien. Das Unrecht, dass er duch den Vater erlitten hat wird nicht nachträglich legitimiert, sondern das Unrecht bleibt Unrecht. Es geht um den inneren Frieden des Sohnes.
Wenn der Sohn diese Art von Aussöhnung gemacht hat, dann hat sich im Energiefeld etwas grundlegendes für den Sohn verändert. Dann kannn es sein, dass sich auch bei dem Vater etwas verändert und er bereit wird für einen Annäherung.
Das kann sein, muss aber nicht. Es ist nicht das Ziel der Aussöhnung wie ich sie beschreibe und auch schon oft in meinem Coaching erfolgreich angewendet habe.
Liebe Grüße Tom