Im Juli 2018 war ich mit meiner Familie in London. Dort haben wir u.a. das Musical „Bat out of Hell“ mit der Musik von Jim Steinman besucht.
Wir alle waren total begeistert. Ich kenne die LP „Bat out of Hell“ von Meatloaf schon seit meiner Jungend und habe diese Scheibe damals sehr oft gehört.
Durch das Musical kam ich auch in Kontakt mit dem Nachfolgewerk „Bat out of Hell II“ und hörte dort zum ersten Mal das Lied „Objects in the rear view mirror may appear closer than they are“
Wieder zu Hause habe ich mich inspiriert durch die gefühlvolle Melodie des Refrains mit dem Text beschäftigt.
Ich habe herausgefunden, dass in den USA auf jedem Autorückspiegel der Satz „Objects in mirror are closer than they appear“ steht.
Das macht Sinn und warnt vor einer Fehleinschätzung des herankommenden Autos beispielsweise bei einem Überholmanöver.
Was meint Steinmann?
Was aber meint Steinman mit seinem Refrain, wenn er den Sinn der Rückspiegelaufschrift ins Gegenteil verkehrt.
Vor Objekten die näher erscheinen als sie sind, brauche ich den Autofahrer nicht zu warnen.
Ein Blick auf den Text des Liedes gibt die Antwort. Meatloaf singt von traumatischen Erlebnissen in seiner Vergangenheit. Den frühen Tod seines besten Freundes, die Misshandlungen und Demütigungen, die er durch seinen Vater erfahren hat.
Obwohl diese Ereignisse sehr lange zurück liegen, sind sie in ihm präsent. Sie erscheinen näher als sie sind bzw. sein müssten.
Und obwohl der Alptraum jetzt vorbei sein sollte,
sind einige von den alten Ängsten noch immer da.
Ich höre diese brutale und widerwärtige Stimme wieder,
und dann packt er mich von hinten und reißt mich zurück.
Die Wunden der Vergangenheit sind oft noch nicht geheilt
So wie dem Sänger geht es heute vielen Menschen. Wir haben in der Vergangenheit schlimme Dinge erlebt, oft in der frühen Kindheit und hatten meist keine Gelegenheit, diese traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten.
Auch wenn wir unser Leben scheinbar im Griff haben, können diese Dämonen aus der Vergangenheit in bestimmten, meist stressbehafteten Situation uns schlagartig wieder einholen.
Eckhart Tolle spricht hier von den sogenannten Schmerzkörpern.
Der gewalttätige Vater hat Spuren hinterlassen, weil der Sohn anderen Männern nicht vertrauen kann.
Durch die Abwesenheit des Vaters in der Kindheit fühlt sich der Sohn auch heute noch minderwertig und schutzlos.
Die emotional übergriffige Mutter hat ihm die „Eier geraubt“.
Die abweisende Mutter hat den Sohn emotional verhungern lassen, was dazu führt, dass er heute emotional von Frauen abhängig ist.
Ganz zu schweigen von schlimmen körperlichen Erlebnissen wie Misshandlung und Missbrauch.
Manchmal sind es auch objektiv triviale Ereignisse, die einen Menschen beeinträchtigen können. Wenn ein Kind z.B. von einem älteren Geschwister ständig gehänselt wird, wird es sich schwer tun, ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln und wird später als unsicherer Mensch durchs Leben gehen, der bei der kleinsten Kritik innerlich zusammen bricht.
Dies sind nur wenige Beispiele warum Männer (und Frauen, aber als Männer-Coach geht es mir um Männer) als Erwachsene dysfunktionalen Verhaltensweisen an den Tag legen.
Viele zerbrochene Beziehungen und ein suchtähnliches Verhalten im Privatleben (übertriebener Konsum, Drogen- und Alkoholprobleme, Spiele, Sex- und Seriensucht) sind der sichtbare Beweis dafür.
Was kannst du tun?
Für einen Mann ist es wichtig, sich seinen Themen zu stellen. Die negtiven Erfahrungen aus der Vergangenheit haben das Gefühl erzeugt: Ich bin nicht in Ordnung so wie ich bin, mit mir stimmt etwas nicht.
Dieses diffuse Grundgefühl wird dann oft mit Aktivitäten im Außen (siehe oben) betäubt.
Höchstens in kurzen Momenten von Bewusstheit wird dem Betroffenen klar, dass es Bereiche in seinem Leben gibt, die er sich anschauen und in denen er eine Veränderung herbeiführen müsste.
Manchmal sind es auch Lebenskrisen wie der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Trennung durch die Frau / Partnerin, die ein Überdenken der eigenen Situation bewirken.
Letztlich ist jeder Tag eine Chance, seinem Leben eine neue Wendung zu geben.
Es gibt heutzutage viele Möglichkeiten, sich den Schatten der Vergangenheit zu stellen und seine Themen aufzuarbeiten.
Schlimme Erfahrungen aus der Kindheit und Jugend kann man z.B. mit einer EMDR genannten Methode bearbeiten. Hierbei wird eine künstliche REM-Phase erzeugt, die alte emotionale Blockaden auflöst. Meist sind hier nur wenige Sitzungen notwendig.
Negative Glaubenssätze wie „Ich bin nicht gut genug“, „Ich werde das nie schaffen“, „Ich bin es nicht wert“ etc. kann man gegen neue förderliche austauschen mittels Klopf-Methoden wie EFT.
Viele Männer holen im erwachsenen Alter etwas nach, was ihnen eigentlich im Jugendalter zugestanden hätte: eine Initiation. Mittlerweile gibt es viele Möglichkeiten hierzu im deutschsprachigen Raum z.B. die Heldenreise von ZIPAT, das NWTA von ManKind Project, das Herzenskrieger-Training von Björn Leimbach, das Kraftstab-Training der Kriegerschule um nur einige zu nennen.
Du kannst dich auch einer Gruppe bewusster Männer anschließen, die schon länger auf ihrem Weg sind. Die positive Energie im Kreis der Männer ist nicht zu unterschätzen. Solche Männer halten sich gegenseitig in der Verantwortung ohne Konkurrenzdenken und Machogehabe.
Die oben genannten Initiations-Möglichkeiten werden in der Regel auch von verschieden Männergruppen angeboten, die hauptsächlich aus bereits initiierten Männern bestehen.
Authentisches Mannsein
Ein authentisches Mannsein und somit ein zufriedenes Leben, indem du weißt, warum du hier bist, was dein Lebenssinn ist, wofür du brennst etc. wird dir nur gelingen, wenn du dich den Schatten deiner Vergangenheit stellst und sie bearbeitet hast.
Dies kann ein langer und schmerzhafter Weg sein, aber die Belohnung ist köstlich.
Der Mann, der mutig genug ist diesen Weg zu gehen, wird das Gefühl haben, aus dem persönlichen Drama seines Lebens, seiner privaten Story ausgestiegen zu sein. Es ist ein unbeschreibliches Lebensgefühl – MANN ist klar ohne den Nebel der Vergangenheit, steht aufrecht und lebt für das, was einem Freude macht und wofür man brennt.
Ein solcher Mann strahlt Souveränität aus und wird für andere Menschen spürbar und zu einem symbolischen Leuchtturm.
Ich selbst bin nach zwei sehr schmerzhaften Trennungserfahrungen über eine Therapie zur Männer-Arbeit gekommen, wo ich den meisten Teil meiner Inneren Arbeit gemacht habe.
Ich kann dieses oben beschriebene authentische Lebensgefühl heute immer deutlicher wahrnehmen und es wird immer stärker und besser. Ich bin allerdings nicht so kühn oder auch naiv zu sagen, ich sei durch.
Die Innere Arbeit hört nie auf, denn nach dem Auflösen bzw. der Integration der Dämonen aus der Vergangenheit beginnt das eigentliche Wachstum. Auch heute zeigt sich noch der ein oder andere Schatten aus der Vergangenheit. Schlagartig kann etwas angetriggert werden.
Der Unterschied zu früher ist, dass ich heute weiß, dass ich das, was mir z.B. meine Gedanken suggerieren, nicht wirklich bin. Ich identifiziere mich nicht mehr damit und gebe ihnen keine Macht.
Heute sehe ich die Schatten als das was sie sind, als frühere negative Erfahrungen, gegen die ich mich mit dem damaligen Wissen nicht wehren konnte.
Ich kenne mittlerweile viele Männer, die einen ähnlichen Weg beschritten haben und die sich heute in ihrer eigenen Haut sehr wohl fühlen. Männer, die ihre Mission gefunden haben und ein zufriedenes Leben führen, in dem sie für sich selbst und ihre Angehörigen sorgen, aber auch einen Nutzen für die Welt schaffen.
Wenn dieser Artikel bei dir etwas ausgelöst hat, wenn du mit dem Gesagten in Resonanz gegangen bist, dann zögere nicht, dein Leben zu überdenken und unternimm die notwendigen Schritte, dich vom Nebel der Vergangenheit zu befreien.
Egal, ob du dich allein auf den Weg begibst oder professionelle Unterstützung in Anspruch nimmst, der erste Schritt beginnt mit der bewussten Entscheidung zur Veränderung.
Lasse die “Objects in the rear view mirror” da, wo sie hingehören: in der Vergangenheit.
Hallo Tom,
ich kenne den Song auch sehr gut und habe ihn in meiner Jugend rauf und runter gehört. Ich finde es schön das dich dieser Song zu solch einem schönen Blog-Artikel inspiriert hat.
Herzlichen Dank und Liebe Grüße
Blog-Pirat
https://blog-pirat.com
So ist es, Tom – Die Vergangenheit erscheint oft näher als sie ist… und wird zu oft als Ausrede genutzt. Es geht darum, Verantwortung für sein Leben zu nehmen und sich seinen “Themen” zu stellen. Genau so, wie du es beschreibst. Danke für diesen Artikel!