Männer und Veränderung

Paralleluniversen oder Normalzustand?

Foto: Unsplash | Sergey Zolkin

Wenn Männer sich ins Coaching trauen, dann ist das für mich immer berührend. Das normale Verhältnis von Männer und Frauen ist in meiner Praxis ungefähr 4 zu 1. Vor allem dann, wenn es nicht um die Themen wie Leistungssteigerung und Performance im Job geht, sondern eher um die Dinge die außerhalb der Berufswelt noch wichtig sind:

  • Der Mann als Mensch
  • Der Mann in der Partnerschaft
  • Der Mann in der Familie
  • Männer und Gesundheit als Thema

Und oft erlebe ich es gerade bei den hochperformanten Männern, dass ihr Leben und ihre Lebendigkeit ziemlich auf der Strecke bleiben, weil das Berufsleben viel zu viel Energie raubt und so für einen selbst, für die Partnerin und die Familie viel zu wenig Energie, gleich Zeit, bleibt. Performance und Anstrengung bedeutet, dass ich mich abpanzere, zusammenziehe und mich anspanne. Normalerweise folgt auf Anspannung Entspannung – und dieser Wechsel klappt dann nicht mehr, die Rollenflexibilität ist dahin.

Eine Zwickmühle: Auf der einen Seite werden Männer natürlich dafür gelobt, dass sie immer fleißig und produktiv sind, auch in der Freizeit, immer am Tun und Machen. Schon von Bubenalter an – Anerkennung gab und gibt es nur für besondere Leistungen. Auf der anderen Seite ist das ganz schön Kräfte zehrend. Und wenn dann die Partnerin noch immer mehr fordert, dann stößt das oft auf Unverständnis. Die Partnerschaft zum Beispiel fängt an, Risse zu bekommnen.

Dabei geht es nicht nur um das Versorgen, sondern um Herzenswärme
Was vielen Männern, inklusive mir, beigebracht wurde ist das Funktionieren und Versorgen – meistens das Versorgen anderer Menschen. Dazu gehört auch eine gewisse Abhärtung und Abschottung. Damit ich meinen durchgetakteten Tag gut hinter mich bringe. Das geht nur mit Anspannung des gesamten Systems: Kampfmodus. Um aber Herzenswärme für seine Lieben (inklusive sich selbst) entwickeln zu können, muss ich auch die Fähigkeit der Entspannung und des Genießens haben. Und genau diesen Switch, diese Rollenflexibilität bleibt oft auf der Strecke, weil man aus seinem Tagmuster nicht mehr rauskommt. Oder zu wenig Zwischenzeit hat, um aus dem einen in den anderen Zustand zu kommen.

Das ist zwar vielen bewusst, sie wollen/können sich aber nicht verändern, weil die Angst zu groß ist. Die Angst, dass sie aus der Entspannung heraus nicht mehr auf ihre Ressource “Funktionieren” zurückgreifen können. Das höre ich immer wieder. Und darum geht es auch nicht. Jede Veränderung sollte da ansetzen, wo man etwas besonders gut kann, das festigen und auf Basis diesen festen Grundes dann nach neuen Handlungs- und Verhaltensmöglichkeiten suchen. Daraus ergeben sich dann Variationen und neue Handlungsflexibilität ohne, dass die vorhandenen Ressourcen verschüttet gehen oder vernachlässigt werden.

Schritt für Schritt, Zug um Zug.
Ja, man(n) braucht da Geduld mit sich und mit anderen. Und Geduld lässt sich oft mit Funktionieren und Machen nicht so richtig vereinen. Meinen viele. Trotzdem geht es um das Finden des richtigen Maßes, der richtigen Mischung.

Sie bleiben erwachsen handlungsfähig – immer
Denn wir Menschen sind emotionale Wesen, egal, ob wir die Emotion zeigen oder nicht. Sie ist da, quasi von Geburt an eingebaut, wenn auch vielerorts gut versteckt. Ein weiterer Punkt ist der, dass viele Menschen/Männer fürchten, dass wenn sie mehr Emotion/Empfindung zulassen, sie nicht mehr das können, was sie bisher gekonnt haben. Ein Verlust wertvoller Ressourcen also. Dann lieber im Hamsterrad drin bleiben, auch wenn es zum Beispiel die Partnerschaft kostet.

Dabei ist diese Angst unbegründet: Wenn ich etwas gut kann, dann sollte ich das stärken und auf Basis dieser Stärke beginnen, den Ballast abzuwerfen, der sie von ihrer Lebendigkeit trennt. Darum geht es! Denn Emotionalität bedeutet Lebendigkeit – ich kann mich und dadurch die anderen Spüren. Festen Boden unter den Füßen zu behalten und dann mit einem Fuß einen kleinen Schritt ins Neuland wagen, sich neue Dinge aneignen und alte ablegen.

Dazu vielleicht ein prägnantes Beispiel: Wenn ein Mann gewohnt ist, viel zu arbeiten und mit der Zeit so viel zu arbeiten, dass er eigentlich nur noch Arbeit und keine Lebensfreude mehr hat. Dann wäre ein kleiner Schritt Neuland der, sich vielleicht einmal die Woche eine kleine Auszeit zu gönnen: Das Mountainbike zu schnappen oder golfen zu gehen. Und erst am Mittag im Büro zu erscheinen. Arbeiten kann er dann immer noch, aber er hatte schon einmal Spaß.

Und genau diese kleinen Schritte bringen dann auch nachhaltigen Erfolg und Veränderung. Ohne auf die liebgewonnenen Ressourcen verzichten zu müssen. Probieren Sie es aus! Und um eine Antwort auf die Überschrift zu geben: Ich glaube nicht dass es Paralleluniversen sind, vielen Männern fehlt es einfach nur an Mut.

Über Volker Hepp 4 Artikel
Volker Hepp, Jahrgang 1962, lebt mit Frau und Tieren (2 Hunde, 2 Pferde) am Ammersee, westlich von München.

Ich wandere zwischen zwei Welten, die mir beide gleich wichtig sind: Auf der einen Seite seit über 20 Jahren Key Account Manager in der IT; auf der anderen Seite seit 15 Jahren als Coach, der sich auf die Themen Burnout-Prävention, Paartherapie und Persönlichkeitsentwicklung spezialisiert hat. Was mich besonders geprägt hat, waren neben meiner NLP-Ausbildung die dreijährige Weiterbildung zum Somatic Experiencing-Practitioner (Traumaverarbeitung) und zwei weitere Ausbildung in Richtung Bindung- und Entwicklungstraumen.

Wahlmöglichkeit – den eigenen Lebensweg selbstbestimmt zu gehen, ist eine große Herausforderung, aber auch ein lohnendes Ziel! Coaching und die Arbeit mit persönlichen und beruflichen Herausforderungen sind dabei eine Möglichkeit, zu diesem Ziel der Selbstbestimmung und der persönlichen Wahlmöglichkeit zu gelangen. Gerade Ihre Wahlmöglichkeit zu jedem Zeitpunkt Ihres erwachsenen Lebens liegt mir dabei besonders am Herzen.

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